S/4HANA Transformation – Das Ende der langen Bank ist schon zu erkennen!

Aus dem Ende des Standardsupports für SAP ECC resultiert die Dringlichkeit, dass die Umstellung auf S/4HANA vor dem Wartungsende 2027 erfolgen muss. Obwohl viele Unternehmen sich des Problems bewusst sind, zögern sie den Umstieg hinaus. Ein wesentlicher Grund für dieses Aufschieben (beziehungsweise Prokrastination) ist das Gefühl der Überforderung durch die Komplexität der Transformation und die Vielzahl an Informationen rund um das Thema. Die Bedeutung einer rechtzeitigen Planung, individueller Lösungen und klarer Prioritäten darf nicht unterschätzt werden. Außerdem könnten Ressourcen und Experten knapp werden, je näher das Ende der Supportfrist rückt.

Wir alle kennen die Redewendung, „Etwas auf die lange Bank schieben“. Im Hinblick auf die allgemein bekannte Einstellung des SAP-Standardsupports für SAP ECC 6.0 zum Jahresende 2027 eine treffende Beschreibung der Situation. Zu erwarten wäre, dass sich aktuell alle Bestandskunden rechtzeitig vor dem Wartungsende 2027 intensiv mit der Umstellung auf S/4HANA beschäftigen. Dabei ist das Problembewusstsein bei den Bestandskunden von ECC sicher grundsätzlich gegeben. Aber wie dringlich wird das gesehen? Wirklich exakte Zahlen liegen nicht vor. Nach durchaus plausiblen Schätzungen jedoch sind erst gut ein Drittel der Kunden umgestiegen (The True State of S/4HANA in 2024 – Basis Technologies). Bei der verbleibenden Zeit bis Ende 2027 und dem potenziellen Aufwand für SAP-Projekte stellt sich schon die Frage, wann denn all die Umsetzungen endlich angegangen werden sollen?  

In der Community besteht weitgehender Konsens, dass das Ende der Bank in der Tat gar nicht mehr so weit entfernt ist. Man trifft zugleich auf eine Mischung aus schlechtem Gewissen, dem Gefühl mangelnder Unterstützung in der Organisation und teilweise auch Unmut über die SAP. Beim letzten Punkt sind wir anderer Meinung: Unsere erste erfolgreiche S/4HANA Implementierung datiert von Ende 2015. In Summe werden es dann 12 Jahre vom ersten Release bis zum Ende des Mainstreamsupport des Vorgängers sein. Speziell im IT-Sektor eine wirklich lange Zeitspanne. Davon unabhängig bleibt noch eine ganze Menge zu tun, vor allem vor dem Hintergrund, dass ERP-Projekte häufig eine längere Laufzeit benötigen… Unternehmen sollten sich dementsprechend rechtzeitig vor Wartungsende von SAP ECC Ende 2027 mit der Umstellung auf S/4HANA auseinandersetzen.

Welche Gründe könnte es also für die Zurückhaltung geben? Wir denken, dass es in den meisten Fällen nicht darum geht, „ob“ Kunden zur nächsten Version wechseln werden. Sondern um „wann“ und „wie“.´ Einige Unternehmen werden über ein alternatives ERP-System nachdenken. Der Handlungsdruck wird dadurch jedoch nicht kleiner. Im Gegenteil, es ist vielmehr dann noch umso wichtiger, in die konkrete Planung eines Greenfieldimplementierungsprojektes einzusteigen. 

Auf die lange Bank schieben in einem Wort – Prokrastination

Kennen sie das liebste Möbelstück des Teufels? Die lange Bank…. So wie es auf persönlicher Ebene gute Gründe für eine Aufschieberitis / Prokrastination gibt, trifft das unserer Meinung nach im gewissen Sinn auch auf Organisationen zu. Im Grunde ist es eine einfache Vermeidungsstrategie. Unangenehme Aufgaben werden so lange aufgeschoben, bis es nicht mehr (anders) geht – oder ohnehin zu spät ist. Stattdessen kümmert man sich intensiv um andere Aufgaben. Die sind zum einen auch nicht unwichtig, zum anderen versprechen sie aber vor allem schnellere Resultate. So erledigt man schnell mal eben Routineaufgaben bei denen man einen klaren Plan hat, wer wann was zu tun hat. Die Aufgaben hingegen, für die man sich richtig Zeit nehmen muss und noch gar nicht so richtig weiss, wie man das angehen soll, werden auf die lange Bank geschoben.

Bevor wir uns falsch verstehen: Wir wollen hier keine wissenschaftliche Theorie begründen! Wir wissen, dass das eine richtige Krankheit und ein echtes Problem für die Betroffenen darstellt. (Für mehr Informationen z.B. https://karrierebibel.de/prokrastination). Worauf wir hinauswollen: Wenn die Transformation „auf die lange Bank geschoben“ wird gibt es vielleicht echte Gründe für eine Vermeidungsstrategie. Wir würden gerne einen Blick auf die Ursachen von Prokrastination liegen: Üblicherweise fehlt den Betroffenen entweder der Überblick oder der Lösungsansatz für die anstehenden Aufgaben, vielleicht auch beides. Das Resultat ist auf jeden Fall Überforderung.

Rechtzeitige Planung der Transformation- Wie verschaffe ich mir einen Überblick?

Bezogen auf die SAP4/HANA Transformation ist es zugegebenermaßen alles andere als einfach, den Überblick zu behalten. Es existiert eine unglaubliche Vielzahl an Whitepapern, Blogs, Broschüren, Webinaren und sonstigen Informationsformaten aller Art. Bei der großen Bandbreite des Themas werden dabei unzählige wichtige Aspekte herausgearbeitet. Aber ohne einen entsprechenden Hintergrund ist das wenig effektiv, ja geradezu verwirrend. Um es ein wenig ketzerisch auszudrücken: Manches Paper beantwortet Fragen, die sich für viele Kunden vielleicht nie stellen werden. So sind z.B. viele Softwaretools zur Unterstützung einer S/4HANA Transformation im Angebot. Die offenen Fragen sind aber, ob der jeweils zu Grunde liegende Use-Case-Szenario in dem konkreten Projekt überhaupt eine Rolle spielt und, wenn ja, sich dann auch noch rechnet… 

Das wäre für sich genommen nicht weiter tragisch. Da der Kunde die Relevanz und Tragweite für sich aber (noch) nicht einschätzen kann und sich mit vielen ähnlich gelagerten offenen Fragen konfrontiert sieht steigt nur die Komplexität und damit die Unsicherheit: Noch ein weiteres Detail, mit dem man sich unbedingt einmal auseinandersetzen sollte, aber nicht weiß, wann man die Zeit dafür hat, sich konkret damit zu beschäftigen. Für den Moment ist diese Vielfalt, dieses Überangebot an Information, also eher Teil des Problems und leider nicht Teil der Lösung. Es kostet im besten Fall sehr viel Zeit und ohne Garantie, dass man danach dann ein konsistentes Bild erhält. Im schlechtesten Fall ist die Unsicherheit hinterher größer denn je. Die Zeit für eine rechtzeitige Umstellung auf S/4HANA vor Wartungsende 2027 läuft aber…

Mangelnder Überblick ist ein wesentlicher Treiber für Prokrastination. Wir würden an dieser Stelle auf jeden Fall den kürzlich überarbeiteten Guide der SAP Mapping your journey to SAP S/4HANA Cloud Private Edition : A practical guide for senior IT leadership empfehlen. Auf 136 Seiten wird hier eine sehr gute und allgemeinverständliche Übersicht über das komplexe und umfangreiche Thema S/4HANA Transformation gegeben. Es ist im Übrigen auch für erfahrene Berater durchaus eine Herausforderung, den Überblick zu behalten – Umso wichtiger ist es für alle anderen, die nicht so nah am Thema sind, eigene Prioritäten, den richtigen Fokus zu setzen. Je nachdem wen man fragt, kann man sehr unterschiedliche und teilweise sogar gegensätzliche Antworten bekommen. Die spannende Frage ist jedoch, wie komme ich zu dem Fokus? Hier helfen Berater, die Zuhören können, die die richtigen Fragen stellen und nicht gleich mit festen Lösungsangeboten um die Ecke kommen.

Umstellung auf S/4HANA vor Ende 2027 – Wer hat die richtige Lösungsstrategie?

Wie geht man eine S/4HANA Transformation an? Am Anfang einer Reise steht immer eine Standortbestimmung. Für die Bestandsaufnahme der existierenden SAP-Landschaft sind etliche Tools verfügbar. Von der SAP selbst z.B. der Readiness Check for SAP S/4HANA, der Maintenance Planner, die Kompatibilitätschecks für Add Ons und Business Functions oder die Custom Code Migration App. Diese Angebote sollten allein schon aus Gründen der Qualitätssicherung eingesetzt werden. Darüber hinaus existieren darüber hinaus viele weitere Angebote sowohl von der SAP selbst wie Signavio Process Insights oder LeaNIX als auch von anderen Providern. Die meisten Bestandskunden werden sich mittlerweile damit schon befasst haben, teilweise wurden diese Reports auch schon mehrfach durchgeführt. Häufig wurden auch schon vorbereitende Schritte im Altsystem (z.B. Archiving, Sizing, Patches) durchgeführt. Alles in allem wird relativ schnell offensichtlich, was (vorrangig aus technischer Sicht) angepasst werden muss. Und in diesem Bereich ist auch offensichtlich, wie man vorgehen sollte.

Am anderen Ende der Transformationsplanung ist das Bild dann schon nicht mehr so eindeutig. Natürlich sind sowohl die grundsätzlichen Deploymentoptionen (Public oder Private Cloud) klar definiert wie auch die grundsätzlichen Vorgehensweisen im Projekt. Bei Greenfield oder Brownfield handelt es sich jedoch „nur“ um die beiden Pole. In der Praxis finden viele Transformationen zwischen den beiden Extremen eine individuell passende Lösung. Das zeigt sich auch bei den sog. Selektive Data Transitions, die noch einmal weiter nach Shell Conversion und Mix and Match geclustert werden. Nur in den wenigsten Fällen gibt es wenige klare Indikatoren, die von vorneherein in die eine oder andere Richtung zeigen. Und aus unserer Erfahrung sind das in der Regel eher betriebswirtschaftliche oder organisatorische Faktoren, auch wenn es manchmal klare technische „hard facts“ gibt.

Und damit sind wir unmittelbar bei der Frage, wie man von der (technischen) Bestandsaufnahme zu einer belastbaren Transformationsstrategie kommt: Wie fülle ich den Raum dazwischen? Der oben genannte Guide der SAP bleibt dazu auffällig vage, es gibt nur wenige eindeutige Empfehlungen der SAP. Und es gibt gute Gründe dafür! Es gibt also keine einfache Lösungsstrategie – Wie oben ausgeführt, ein wesentlicher Treiber für Prokrastination.

Rechtzeitige Umstellung auf S/4HANA bis 2027 – Wie vermeide ich die Überforderung?

Die gute Nachricht: Es gibt bei SAP S/4HANA-Transformationen unheimlich viele Optionen und Alternativen. Die schlechte Nachricht: Es gibt bei SAP S/4HANA-Transformationen unheimlich viele Optionen und Alternativen. Das vermeintlich eher technische Thema S/4HANA Transformation muss in den Kontext der Gesamtorganisation gestellt werden. Es kann in der Folge keine generelle Empfehlung geben, individuelle Antworten und eine an die jeweilige Situation bzw. die Rahmenbedingungen des Unternehmens angepasste Vorgehensweise sind gefragt. Und damit sind wir an einem ganz zentralen Punkt:

Es betrifft nicht nur für die IT-Abteilung – Es handelt sich um eine gemeinsame Aufgabe für das gesamte Unternehmen! 

Die Einführung von S/4HANA ist die ideale Gelegenheit, die gesamte IT-Strategie und damit insbesondere auch der strategische und wirtschaftliche Unternehmenskontext zu aktualisieren. Dieser großen Bandbreite an Optionen steht ein (objektiv und subjektiv) großes Risiko gegenüber, falsche Entscheidungen zu treffen. Und das Risiko für falsche Entscheidungen steigt speziell unter Zeitdruck gewaltig! 

Noch eine gute Nachricht: Es existieren mittlerweile schon viele Erfahrungen und Empfehlungen zur S/4HANA Transformation. Diese können sehr wohl als Orientierungshilfe dienen. Wichtig ist es aber, einen individuellen Weg zu finden und das Thema anzugehen. Natürlich sind Vorstudien dazu ein hervorragender erster Schritt. Eine Studie von Axians (https://www.axians.de/portfolio/sap-solutions-operations/sap-s-4hana-erp/studie-sap-s-4hana/) zeigt die Qualität der Vorbereitung als einen der wesentlichen Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Transformation. Sie weisen gleichzeitig vollkommen zu Recht darauf hin, dass die Transformation eben kein reines IT-Projekt ist sondern als Buiness Transformation Projekt gesehen werden sollte. In diesem Zusammenhang spielen auch Antworten auf strategische Herausforderungen und Topthemen wie Digitalisierung oder Prozessoptimierung eine große Rolle. 

Das Ende der langen Bank – von Prokrastination zu Proaktivität

Wir wollen aber den Scheinwerfer auf aktives Handeln drehen: Es ist wichtig, die Planung der Umstellung auf S/4HANA rechtzeitig evor Wartungsende 2027 anzugehen, jetzt ins Handeln zu kommen und die ersten Schritte in Angriff zu nehmen und nicht bei Vorstudien stehen zu bleiben. Es besteht die große Gefahr einer sog. „Analysis Paralysis“: Statt auf (unter Umständen jahrelange) Vorstudien, Machbarkeitsstudien, Kosten-Nutzen-Analysen oder ähnliches zu setzen, muss die Umsetzung angegangen werden. Zum einen besteht die große Gefahr, dauernd von neuen Ereignissen und Erkenntnissen überholt zu werden. Zum anderen, und da sind wir wieder bei der Prokrastination, verbessert sich durch Aktivität in Verbindung mit klaren Zielen auch die Stimmung. 

Umgekehrt sind bei der S/4HANA Transformation die eigenen Ansprüche möglicherweise zu hoch gesteckt und Zielsetzungen unrealistisch. Das gilt sowohl im Hinblick auf die eigene Organisation als auch gegenüber externen Beratern. Es muss nicht perfekt sein und es muss nicht alles gleichzeitig passieren! Einige wenige und dafür klare Prioritäten zu setzen und dafür die bisherigen Aktivitäten regelmäßig zu überprüfen ist viel erfolgsversprechender,

Wir selbst haben zum Beispiel immer gute Erfahrungen damit gemacht, mit einem gewissen Plan und dem gleichzeitigen Bewusstsein, dass nichts in Stein gemeißelt ist. Abgeleitet aus dem Risikomanagement sollte man z.B. immer im Blick behalten, ob hier eine echte Unsicherheit (mit anderen Worten: Niemand kann es wissen) oder nur Unwissen (wer könnte es denn wissen?) vorliegt. Übertragen auf die Situation bei der S/4HANA Transformation sind wir sicher, dass sich die passende Expertise finden lässt.

Es gibt noch einen weiteren triftigen Grund aktiv zu werden: (erfahrene) Berater sind nicht unbegrenzt verfügbar. Je näher der Stichtag Ende 2027 kommt, desto knapper dürften die Ressourcen werden. Die Situation könnte vielleicht sogar Parallelen zu der Y2K Problematik vor einem Vierteljahrhundert entwickeln. Damals waren die Entwickler mit Kenntnissen der alten Systeme der Engpass während der Jahrtausendwechsel unveränderlich feststand. Auch wenn der konkrete Termin von der SAP eventuell noch einmal verlängert werden sollte: Der End of Lifecycle für ECC ist Realität und muss irgendwann vollzogen werden.

Wir wollen mit proaktivem Beispiel vorangehen und ebenfalls einfach mal machen! Wir wollen einen Überblick geben. Jedoch nicht wie bei Marie Kondo, wo alles gleichzeitig auf den Tisch kommt und dann sofort erledigt werden muss. Das ist genau die Überforderung die wir nicht wollen! Wir wollen Schritt vorgehen und zeigen, dass das der Umstieg auf S/4HANA ein positives Erlebnis und ein Erfolg werden kann, ja sogar Spaß macht! Aber es ist sehr wichtig, die Planung der Umstellung auf S/4HANA vor Wartungsende 2027 jetzt anzugehen! Genau dafür wollen wir Beispiele und Anregungen geben, einen Dialog starten und „einfach mal machen“.

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